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Denkmale in der Geschichts- und Kulturlandschaft Mecklenburg-Vorpommern
Ort: Europäische Akademie MV
„Als bedrohliche Ausnahmesituation […] erlebt die Gegenwart nur, wer die Geschichte nicht kennt, in der die Bewegung von Menschen über Grenzen und die Begegnung ihrer Kulturen nicht Ausnahme, sondern die Regel waren. Räumliche Bewegung und kulturelle Begegnung standen dabei, soweit dies in friedlicher Absicht geschah, meist für Ergänzung und Bereicherung, Ab- und Ausgrenzung hingegen oft für Armut und Gefahr.“ (Klaus J. Bade)
In der Tat, die Geschichte der Menschheit ist eine unendliche Geschichte von Ein- und Auswanderung. Das gilt auch für Mecklenburg-Vorpommern sowie für die Menschen, die dort leben und beheimatet sind. Wir alle stammen von Migranten ab, weshalb es auch keinen Sinn macht, die Menschen in Einheimische und Fremde zu unterscheiden.
Nicht erst seit der deutschen Ostsiedlung im Hochmittelalter in die Randgebiete des Heiligen Römischen Reiches ist das Territorium zwischen der Elbe im Westen und der Oder im Osten ein Zuwanderungsgebiet. Die Einwanderer trafen damals auf Menschen, die seit der Völkerwanderung hier lebten und ebenfalls schon Vorgänger hatten. Gemeinsam machten sie das Land urbar, gründeten sie Dörfer und Städte und veränderten nachhaltig die Rechtsstrukturen. Sie schufen eine völlig neue und gleichzeitig einmalige Geschichts- und Kulturlandschaft.
Die Mecklenburger und Pommern erwiesen sich nicht nur als arbeitsam und rechtschaffen, sondern auch als bodenständig. Aber die Entstehung und volle Entfaltung der Gutsherrschaft mit leibeigenen Bauern, die als Erbuntertanen ein Leben in Armut und Unfreiheit fristeten, führte nach der Aufhebung der Leibeigenschaft im 19. Jahrhundert zur massenhaften Auswanderung der Gutsuntertanen nach Übersee, vor allem nach Nordamerika, insbesondere in die USA, aber auch nach Südamerika und nach Australien. Überall dort, wo sie sich niederließen, machten sie durch Fleiß und Moral, Schöpferkraft und Gemeinsinn sowie durch andere Tugenden ihrer ethnischen Herkunft alle Ehre.
Der Auswanderung aus Mecklenburg und Pommern folgte seit dem Ende des 19. Jahrhunderts mehr und mehr die Zuwanderung aus den landwirtschaftlich geprägten Ostprovinzen des Deutschen Kaiserreiches sowie aus Russland und nach 1919 auch aus dem wiederentstandenen Polen. Sie fanden vornehmlich in Pommern und in beiden Mecklenburg als Saisonarbeiter „Lohn und Brot“.
Rund 14 Millionen Deutsche kamen von 1945 bis 1948 durch Flucht und Vertreibung aus den deutschen Ostgebieten sowie aus Ost- und Südosteuropa in die vier Besatzungszonen; 980.000 davon nach Mecklenburg-Vorpommern. Viele wurden in den Herrenhäusern und Wirtschaftsgebäuden der zahlreichen Güter des Landes einquartiert und manche fanden später sogar nach Aufnahme und Integration in einem der vielen Gutsdörfer eine neue (zweite) Heimat.
Als jedoch die Nachkriegszeit vorüber war, ging das Migrationsgeschehen auf deutschem Boden weiter; zunächst als Binnenmigration von Ost nach West und dann als Zuwanderung in der Bundesrepublik Deutschland seit 1955 und in der DDR seit Ende der 1960er Jahre sowie im vereinten Deutschland seit 1990. Deutschland ist de facto ein Einwanderungsland (!), aber über ein Gesetz, das die Zuwanderung für die Betroffenen regelt, wird seit fünfzig Jahren im Bundestag gestritten.
Die Ausstellung Adliges Leben im Baltikum – entstanden in Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Kulturforum östliches Europa Potsdam und dem Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung Marburg – umrahmt unsere Jubiläumstagung.
Dr. Günter Kosche, Freier Mitarbeiter der Europäischen Akademie MV